Stadtrundgang durch die mittelalterliche Doppelstadt Mühlberg an der Elbe
HISTORIE
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Das 1230 erstmals als Stadt erwähnte Mühlberg bestand aus zwei Stadtteilen, der Alt- und Neustadt. Diese unabhängigen Stadthälften besaßen je eine Kirche, ein Rathaus und einen Marktplatz. Im Jahre 1346 wurden die beiden Stadtteile, die durch einen Elbarm zwischen Alt- und Neustadt getrennt waren, rechtlich zu einer Stadt zusammengefasst und im 16. Jahrhundert durch die Bebauung des trennenden Walls und der Gräben zwischen den Städten auch räumlich vereinigt.
Kaiser Karl IV. gliederte 1370 die Stadt der böhmischen Herrschaft zu. 1442 wurde Mühlberg der Markgrafschaft Meißen einverleibt. Von 1443 bis 1520 waren Stadt und Herrschaft im Besitz der Herren Birke von der Duba, ein altes Adelsgeschlecht Böhmens. Überregionale Bedeutung hatte das 1228 gegründete Zisterzienser Nonnenkloster, das 1539 im Zuge der Reformation aufgelöst und im Anschluss als Gutshof genutzt wurde.
Herausragendes geschichtliches Ereignis war die Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547 zwischen den katholischen Anhängern unter Kaiser Karl V. und dem protestantischen Schmalkaldischen Bund. Infolge der Niederlage der Protestanten musste Johann Friedrich auf die Kurwürde verzichten. Diese wurde Herzog Moritz von Sachsen und damit der albertinischen Linie des Hauses Wettin übertragen.
Am 5. Juni 1815 wurde die Stadt im Ergebnis des Wiener Kongresses mit anderen sächsischen Gebieten an Preußen abgetreten. Im Jahre 1853 verlor der Ort durch eine künstliche Elbbegradigung seine unmittelbare Lage an der Elbe. Ein Elbarm blieb bestehen und wurde 1883 zum Hafen ausgebaut. 1909 wurde unter Benutzung der Privatbahn der Zuckerfabrik Brottewitz die Kleinbahn Burxdorf-Mühlberg gebaut.
In den Nachkriegsjahren entstanden einige Betriebe. So nahm z.B. 1947 die Zündholzfabrik ihren Betrieb auf, 1952 gründete sich die LPG „Edwin Hörnle“, ein Jahr später wurden das Sägewerk und die Kleinmöbelfabrik volkseigene Betriebe. Mit der Kiesförderung wurde 1967 begonnen.
Nach Festlegung der neuen Bundesländergrenzen wurde Mühlberg dem Bundesland Brandenburg zugeordnet. Die trinkwasserseitige Erschließung, das Verlegen der Erdverkabelung von Energie- und Fernsprechleitungen wurde von 1992-1994 durchgeführt. Die Inbetriebnahme einer 40 Tonnen Gierseilfähre erfolgte 1997.
Der Gesamteindruck Mühlbergs erschließt sich dem Besucher nicht nur durch die einzelnen herausragenden Baudenkmale, sondern durch die in seiner Struktur gut erhaltenen historischen Stadtanlage. Der mittelalterliche Stadtgrundriss der einstigen Doppelstadt kann in den Stadtteilen bis heute fast unverändert wahrgenommen werden.
Der Grundriss von Alt- und Neustadt wird geprägt durch eine fast rechtwinklige Grundfläche mit ihrer Begrenzung durch die Deiche der Alten Elbe, dem früheren Elbnebenarm und heutigen Stadtgraben, der die beiden Stadtteile trennte, sowie durch die Grünbereiche der ehemaligen Klosteranlage und des Schlosses. Die im Stadtgrundriss typischen Grundstücke sind schmal und lang gestreckt. Sie weisen Wohnhäuser, dahinter liegende Nebengebäude und sich anschließende Nutzgärten auf.
Frauenkirche und Rathaus in der Neustadt, Kloster und Schloss in der Altstadt bilden die baulichen Schwerpunkte in den über Jahrhunderte gewachsenen Stadtvierteln. Während der Flutkatastrophe im August 2002 konnte durch das Engagement von Bürgern und Behörden unwiederbringlicher Schaden am Gesamtensemble Mühlberg abgewendet werden.
STADTSANIERUNG
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Beim ersten Kennenlernen der Stadt Mühlberg, merkt der Betrachter sehr schnell, dass er hier auf historischen Wegen wandelt. Und bald spürt er auch die Einmaligkeit, die aus dem Zusammenspiel von historischer Bausubstanz und der besonderen Lage der Stadt an der Elbe erwachsen. Um diesen Reiz zu bewahren, gilt es, sich für die denkmalerhaltene Sanierung zu engagieren. Aus diesem Grund wurde die Sanierung von der Bürgerschaft als eine der großen kommunalen Aufgaben für unsere Zeit festgelegt.
Nach 1990 wurden die ersten Untersuchungen zum Erhalt der städtebaulichen Substanz durchgeführt und Sanierungsziele erarbeitet. Bereits 1992 erfolgte die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischen Stadtkernen“ des Landes Brandenburg. Nach deren Abschluss fassten die Stadtverordneten im April 1994 den Beschluss zur förmlichen Festlegung des Sanierungsgebietes, so dass bereits 1994 die ersten Fördergelder für Sanierungsmaßnahmen fließen konnten. 1999 erfolgte ein Wechsel in das Bund-Land-Programm „Städte-baulicher Denkmalschutz“, welches die 28 wichtigsten „Denkmalstädte“ des Landes beinhaltet. Mit den Fördergeldern war es bisher möglich, dringend notwendige Erneuerungsvorhaben an öffentlichen Gebäuden und Straßen sowie an privaten Gebäuden zu unterstützen. Bis Ende 2002 wurden dafür etwa 6 Mio. Euro an Fördermitteln von Bund, Land, Kommune und dem Landkreis Elbe-Elster aufgewendet. Derzeit gehen alle an der Sanierung Beteiligten davon aus, dass dieses gesteuerte Sanierungsverfahren über das Jahr 2010 hinaus andauern wird.
Auch in Zukunft gilt es, die historischen Kostbarkeiten Mühlbergs zu erhalten. Dabei wird der Schwerpunkt einerseits auf den herausragenden Gebäuden des Klosterensembles, dem Schloss und den Einzeldenkmalen liegen. Größter Wert wird jedoch andererseits auch auf die noch bessere Erfahrbarkeit der einzigartigen gesamtstädtischen Anlage mit Straßen- und Platzgefüge, ehemaligen Elbarmen und der Lage an Hafen und Elbe gelegt.
Der hier zusammengestellte Stadtrundgang soll Sie auf einige der zahlreichen Kleinode mit abwechslungsreichen Gestaltungsformen und Details hinweisen. Genießen Sie den Rundgang durch die historische Doppelstadt Mühlberg!
1. PROPSTEI (Stadtmuseum)
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Das Hauptgebäude wurde 1531 im spätgotischen Stil mit einer reichen Architekturgliederung erbaut. Es ist von Süden nach Norden gerichtet und zeichnet sich an diesen Seiten durch zwei Maßwerktreppengiebel und einem System ineinander verschlungener Spitzbögen aus. Der Anbau zweier niedriger Flügel beiderseits erfolgte vermutlich im Jahre 1554.
Seit 1926 befindet sich darin das Stadtmuseum Mühlberg. Die Räume, die die Stadtgeschichte beinhalten, sind mit mittelalterlichen Wand- und Deckenmalereien ausgestattet. Zwischen 1991 und 1995 erfolgten umfangreiche Sanierungsarbeiten.
2. HOSPIZ
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Das Hospiz, als Teil der Klosteranlage wurde im 13. Jahrhundert erbaut und Anfang des 16. Jahrhunderts umgebaut. Es ist ein zweigeschossiger verputzter Backsteinbau. Im Erdgeschoss befindet sich eine tonnengewölbte Durchfahrt und im Inneren ein bemerkenswertes Zellengewölbe. Die Nordseite ziert ein Treppenturm mit Haube. Das Gebäude diente ursprünglich als Unterkunft für reisende Händler und Fuhrleute, wobei in der gewölbten Torhalle die Reisewagen untergestellt werden konnten. Es wurde in den Jahren 1992 bis 1995 umfangreich restauriert.
3. VILLA GÜLDENSTERN
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Die Villa des ehemaligen Rittergutes „Güldenstern“ wurde in den Jahren 1898 bis 1900 als Wohn- und Verwaltungsgebäude erbaut. Es ist ein zweigeschossiger Putzbau mit einem runden viergeschossigen Eckturm. Die Architektur wird durch historisierende Formen mit zahlreichen Jugendstilelementen geprägt. Das Innere ist mit Stuckdecken, Wandtäfelungen und einem Marmorkamin ausgestattet. Die Villa hat seit 1999 einen privaten Eigentümer.
4. REFEKTORIUM
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Das Refektorium wurde im 13. bis 14. Jahrhundert als Teil des klösterlichen Wirtschaftshofes errichtet und 1820 für landwirtschaftliche Zwecke umgebaut. Das zweigeschossige Gebäude mit einem hohen Satteldach wies im Erdgeschoss einen stützenfreien Speisesaal auf. Außerdem befanden sich darin die Küchen, Vorratsräume und die Zellenräume der Nonnen. Erwähnenswert sind die unter dem Gebäude befindlichen Gewölbekeller. 1991 wurden der komplette Dachstuhl sowie die Decke über dem Erdgeschoss durch einen Brand zerstört. Seit 2001 wird zielstrebig an der Revitalisierung der Anlage gearbeitet.
5. ABTEI MIT NONNENGANG
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Die Abtei wurde im Kern um 1500 erbaut und 1717 zum Herrenhaus umgebaut. Es ist ein glatter zweigeschossiger Putzbau mit gerahmten Rechteckfenstern. Die Westfassade ziert ein Portal mit Inschrift. Die beiden hohen Giebel über den Schmalseiten sind reich verziert. Im Gebäudeinneren ist im Erdgeschoss das Zellengewölbe eines Saales aus der Zeit um 1500 erhalten geblieben. 1965 wurde der Südgiebel restauriert und die Westfassade in der Fassung des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt. Die Mauer mit Toren wurde zum Schutz des Klosterbereiches angelegt. Das Klostertor befand sich ursprünglich neben der Propstei. Es wurde 1594 nach Osten an den Altstädter Markt verlegt. Die rundbogige Durchfahrt mit seitlicher Pforte wurde 1985 erneuert. Im Süden wurde das Bauwerk aus Feld- und Backstein, westlich der Kirche und südlich der ehemaligen Abtei als gedeckter Nonnengang ausgebaut.
6. KLOSTERKIRCHE
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Die Kirche ist ein backsteingotisches Bauwerk mit romanischen Bauteilen. Sie ist ein großer einschiffiger kreuzförmiger Backsteinbau mit zweijochigem Chor und je einer Apsis am Chor und an den Kreuzarmen. Nach mehrfachen Bränden wurde sie 1565 als Pfarrkirche der Altstadt wiederhergestellt. Eine umfassende Instandsetzung erfolgte in den Jahren 1901 bis 1906. Die Ausstattung stammt aus mehreren Jahrhunderten. Der ursprünglich der Klosterkirche zugehörige Altar befindet sich seit 1997 in der Frauenkirche am Neustädter Markt. Heinrich Göding/Dresden, aus der Schule von Lukas Cranach, hat diesen, vom Amtsverwalter Valentin Fuchs gestifteten Altar 1569 fertiggestellt.
7. ALTSTÄDTER MARKT
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Der Altstädter Markt bildet mit der sich in der Verlängerung befindlichen Lindenstraße ein fast vollständig saniertes Ensemble. Ein herausragendes Einzeldenkmal ist die Löwen-Apotheke mit einer aus dem Jahre 1904 stammenden Inneneinrichtung. Im Erdgeschoss sind Stuckdecken erhalten geblieben. Die Mühlberger Apotheke zählt zu den ältesten unseres Landes. Hier wirkte 1837/38 der Vater von Theodor Fontane als Apotheker.
8. PROMENADE
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Vom Altstädter Markt aus, gelangen Sie über die Herrenstraße und Hohe Straße vorbei an sanierten Bürgerhäusern zu einem ehemaligen Elbarm, der bis ins 14. Jahrhundert den Ort in Alt- und Neustadt politisch trennte. Weiterführend über die Kirchstraße erreichen Sie den Bereich des Neustädter Marktes. Besonders hervorzuheben ist das vollständig sanierte Wohnhaus in der Kirchstraße Nr. 14/15, als wahrscheinlich ältestes Wohngebäude im Land Brandenburg. Im Inneren befindet sich eine Renaissance-Balkendecke sowie die ursprüngliche Dachkonstruktion.
9. RATHAUS
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Mit ihren schlichten Barockbauten, den Fassaden und Mansardendächern verleihen die umliegenden Gebäude diesem Stadtteil ein geschlossenes historisches Aussehen. Das Rathaus wurde 1543-49 anstelle des 1535 abgebrannten mittelalterlichen Vorgängerbaus aus Fachwerk errichtet
Es ist ein zweigeschossiger Putzbau unter einem steilen Satteldach. Ein Umbau erfolgte 1860 und der Anbau des Seitenflügels 1927. Aufwendig gearbeitet ist der aufwendig gestaltete gestaffelt ausgebildete Ostgiebel aus Backstein mit einer reichen spätgotischen Maßwerkverzierung. Der Westgiebel wurde nach einem Einsturz Anfang des 17. Jahrhunderts vereinfacht als Staffelgiebel wiederaufgebaut und 1980 leicht verändert. Gegenüber dem Rathaus befindet sich das Geburtshaus des bekannten Schwarzwaldmalers Professor Wilhelm Hasemann.
10. FRAUENKIRCHE
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Nach der Zerstörung durch die Hussiten wurde die Kirche 1487-1525 als gestreckter Bau errichtet. Der Westturm wurde 1691 erhöht. Im 19. Jahrhundert wurde sie ausgemalt und in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts im Inneren teils restauriert und übermalt. Die Außensanierung und Restaurierung erfolgte in den 90er Jahren vorigen Jahrhunderts. Die Ausstattung stammt aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.
Der Marienaltar wurde aus verschiedenen Teilen zusammengefügt und stammt aus dem frühen 16. Jahr-hundert mit zwei bemalten Standflügeln und einem Altaraufsatz von 1578. Er wurde 1998/99 restauriert. Das Wappen der Familie Birke von der Duba, ein bömisches Adelsgeschlecht, befindet sich über dem Portal.
11. DIAKONAT
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Das Gebäude wurde 1741 als zweigeschossiger Putzbau unter einem Mansardenwalmdach mit Gaupen erbaut. Das Portal trägt die Inschrift „CUM DEO“; der Schlussstein zeigt das Auge Gottes.
12. ELBSTRASSE (Nr.1)
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Das Gebäude wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut und beherbergte seit 1829 eine Lohgerberei, die 1934 geschlossen wurde. Die Haustür schmückt ein halbkreisförmiges Oberlichtfenster.
13. BREITSCHEIDSTRASSE (Nr.2)
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Das Haus wurde 1708 als zweigeschossiger Putzbau mit einem Satteldach errichtet. Das barocke Wohnhaus wurde nach Untersuchungen durch das Landesdenkmalamt in die Denkmalliste aufgenommen. Die Nebengebäude einer 1875 eingerichteten Brauerei mit Pferdestall und Lager waren verfallen.
Im März 1998 wurde mit der Sanierung unter Verwendung von älteren Gebäudeteilen begonnen. Die barocke hölzerne Wendeltreppe, das alte Hoftor und einige historische Türen wurden aufgearbeitet.
14. AM HAFEN
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Bereits 1875 wurde über die Anlage eines Hafens beraten, um verschiedene industrielle und landwirtschaftliche Güter in der Nähe der Stadt ausladen zu können. Zwei Jahre später wurde entschieden, das Hafenbassin in den noch vorhandenen Teil der ursprünglichen Stromelbe hineinzulegen, so dass 1880 mit dem Hafenausbau begonnen wurde.
15. SCHLOSSSTRASSE (Nr.15)
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Es ist ein zweigeschossiger verputzter Barockbau aus dem Jahre 1723. Das Portal trägt die Inschrift „CUM DEO“ mit einem datierten Schlussstein.
16. SCHLOSS
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Die Anlage wurde 1272 erstmals als Wasserburg mit Steinturm, Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, umgeben von Mauern und Wällen, erwähnt. Nach dem Stadtbrand wurde es 1545 unter Herzog Moritz als Wirtschafts- und Jagdschloss wieder aufgebaut und wenige Jahre später als Vierflügelanlage mit spätgotischer Kapelle fertiggestellt. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Gräben trockengelegt. Als Besonderheiten gelten der Treppenturm und die im Kern spätgotische Kapelle im Ostflügel. Ende 1999 ist es an einen privaten Käufer veräußert worden.
17. POSTMEILENSÄULE
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Der Sandsteinobelisk wurde 1730 aufgestellt und befindet sich im Osten der Altstadt vor dem ehemaligen Knisse-Stadttor. Die Säule wurde 1982 erneuert. Der Originalkopf ist im Lapidarium des Stadtmuseums Mühlberg ausgestellt.
18. HOSPITAL
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Das Hospital wurde 1505 von der Familie Birke von der Duba zur Pflege der armen Bevölkerung gestiftet. Das Gebäude wurde vermutlich im 17./18. Jahrhundert als schlichter eingeschossiger Putzbau unter einem Satteldach erbaut. Später wurde es erweitert und 1982-84 erneuert.Das Sandsteinrelief zeigt eine betende Frau vor einem gekreuzigten Christus.
19. FRIEDHOFSKAPELLE
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Die Kapelle wurde 1590 mit spätgotischem Saal und achtseitigem Dachreiter im Westen errichtet. Der Südanbau erfolgte 1862. Die Innenausstattung stammt im wesentlichen aus dem 17. Jahrhundert. Der Altar setzt sich aus acht Tafelgemälden zusammen und wurde 1614 gestiftet. Das Sandsteinrelief der Familie Birke von der Duba befindet sich an der Südwand.
Geschichte erleben, im Museum Mühlberg/Elbe.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.